Wie unterscheidet sich Design Thinking vom Design Sprint?

Oberflächlich betrachtet wirken Design Thinking und der Design Sprint sehr ähnlich. Genau genommen bedient sich der Design Sprint auch Prinzipien von Design Thinking, aber der Unterschied liegt weiter in der Tiefe. Daher möchte ich mich dem im Folgenden etwas genauer widmen.

Was ist Design Thinking?

Wer im Internet nach Design Thinking recherchiert, wird viele Definitionen und Erläuterungen finden. Bei der Google Bildersuche findet man zudem unzählige Grafiken, die die Schritte des Design Thinking veranschaulichen. In der Bezeichnung, als auch in der Zahl dieser Schritte gibt es jedoch Unterschiede. Teilweise gibt es 5, 6 oder sogar bis zu 9 Schritte, die dann wiederum gruppiert werden. Das wird verschieden ausgelegt und strukturiert, und da sind wir schon beim ersten Unterschied zum Design Sprint, denn dieser ist ein klar definierter Prozess! Aber mehr dazu weiter unten. Aus meiner Erfahrung reichen 5 Schritte, um das Prinzip zu verstehen und zu praktizieren:

1. Nutzer verstehen

Allem voran steht der Nutzer oder der Mensch, der in der Regel der Kunde ist. Design Thinking ist ein nutzerzentrischer Ansatz und daher muss im ersten Schritt Empathie mit den Nutzern aufgebaut werden, um die Zielgruppe zu verstehen und Informationen zu sammeln. Auf der Basis können so genannte Personas entwickelt werden, die die Nutzerprofile beschreiben und greifbar machen. Die Personas sind Projektionsfläche für alle weiteren Schritte und Ideen und helfen dabei, nicht aus den Augen zu verlieren, um wen es geht.

2. Problem definieren

Anschließend werden die Einblicke über die Nutzer in Probleme oder Herausforderungen übersetzt, die es zu lösen gilt oder in Bedürfnisse, die befriedigt werden sollen.

3. Ideen finden

Nun heißt es Ideen sammeln und daraus Lösungen entwickeln, die voraussichtlich das größte Potenzial haben, die Erkenntnisse aus 1. und 2. am besten zu lösen.

4. Prototyp entwickeln

Jetzt, wo es eine oder mehre vermeintliche Lösungen für das Nutzerproblem gibt heißt es, diese in einen testbaren Prototyp zu übertragen. Eine persönliche Meinung dazu: Je nachdem, um was für eine Art Produkt es sich handelt, kann das Verständnis für einen Prototyp sehr unterschiedlich sein. Handelt es sich um ein digitales Produkt wie eine App oder eine Website, ist ein Prototyp in der Form von Layouts oder eines Clickdummys recht einfach hergestellt. Bei physischen Produkten sieht das schon etwas anders aus. Hier ist ein echter Prototyp vorserienreif, kann bereits 90 % des endgültigen Produkts ausmachen und entsprechend viel Zeit und Geld kosten. In diesen Fällen macht es Sinn, das anders zu testen, z. B. als Präsentation, Animation oder Broschüre. Daher ist Simulation meines Erachtens eigentlich die treffendere Beschreibung.

5. Testen

Die Personas, die oben definiert wurden, werden nun als reale Personen auf die Lösung losgelassen. Es geht darum, Feedback von echten Nutzern zu bekommen, um zu überprüfen, ob die Probleme nun gelöst wurden oder nachgebessert werden muss. Entsprechend beginnt jetzt ein Kreislauf, der entweder zurück zu 2. oder zu 3. springt. Soweit so kurz. Zusammenfassend kann man Design Thinking als eine Philosophie oder Neudeutsch als Mindset bezeichnen, was die eigene Produkt- oder Markenwelt ausschließlich aus dem Blickwinkel des Nutzers betrachtet. Wenn Design Thinking fest im Unternehmen verankert ist, ist es sogar eine Art Design Management: Es sorgt dafür, dass alles, was kreativ erarbeitet wurde an jedem Touchpoint konsequent umgesetzt und gepflegt und von innen heraus auch zielstrebig gelebt wird. Die Studie „The Business Value of Design“ von McKinsey belegt sogar, dass Unternehmen, die Design strategisch auf Top-Management-Ebene führen, überdurchschnittlich erfolgreich sind. Was beweist, dass Design Thinking nach wie vor von wachsender Relevanz ist. Aber mehr dazu im Beitrag: Was ist Design (wert)?

Was ist der Unterschied zum Design Sprint?

Design Thinking lässt offen, welche Methoden eingesetzt werden, um die oben beschriebenen Schritte zu durchlaufen. Der Design Sprint beinhaltet hingegen eine fest definierte Systematik, die strategisch und strukturiert Entscheidungshilfen bietet. D. h. auch, dass Design Thinking mehr von kreativen Teams praktiziert wird und der Design Sprint dagegen ein strategischer Ansatz ist, der gar keine kreativen Fähigkeiten erfordert. Es kann und sollte daher jeder teilnehmen, der von dem Projekt oder der Herausforderung direkt betroffen ist. Das können dann auch Bereiche wie Logistik, Vertrieb, Technik oder Finanzen sein. Der Design Sprint lässt somit mehr Blickwinkel zu und geht damit viel tiefer über die Nutzerperspektive hinaus. Entsprechend vielseitiger kann der Design Sprint eingesetzt werden, um Probleme zu lösen. Je nachdem, auf wie viele Daten man zurückgreifen kann, ist das Kreieren von Personas teils auch hypothetisch. Im Speziellen, wenn man neue Produkte entwickelt. Es hilft natürlich sehr, ein Produkt um das Profil herum zu entwickeln. Aber es bleibt das Restrisiko, dass man nach dem Test zurück zu Schritt 1 springen muss, weil die Personas nicht treffend definiert waren. Der Design Sprint bezieht dagegen auch die Innensicht ein und priorisiert die Probleme, die z. B. auch in der Lieferkette oder der eigenen Personalstruktur oder in Prozessen liegen können. So werden schneller Lösungen entwickelt und in einem konkreten Aktionsplan strukturiert. Zusammengefasst lernt man im Design Thinking Praktiken, die helfen viele Ideen zu generieren und diese zu testen. Der Design Sprint dagegen betrachtet mehr die Gesamtsituation sowie die langfristigen Ziele und strukturiert Ideen zu Lösungen mit klaren Handlungsschritten. Der Design Sprint ist ein robuster Prozess, der die Bauanleitung quasi direkt mitliefert.

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Geposted 16.01.2021

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